Jede Erfahrung ist anders und macht weiser!

Man entwickelt sich, wenn man neue Erfahrungen im Leben sammelt, denn die „Routine“ kann „blind“ machen – „blind“, weil die wahren Gründe nicht eingesehen werden können, warum jemand auf eine bestimmte Art und Weise denkt und handelt. Was hat diese Person erlebt? Wie hat ihre Lebensgeschichte ihr Denken und ihr Handeln beeinflusst? Anstatt individuell mit geöffneten Herzen bei jedem zu schauen, werden Menschen viel zu schnell mit Vorurteilen konfrontiert.

Wir können nur dann mit negativen Vorurteilen aufhören, wenn wir uns für die Lebensgeschichte der anderen öffnen und anschließend Empathie und Verständnis entwickeln.


Text: Adela Lala

Redaktion: Anni Velkova-Rehm


Wir sind alle Zeitzeugen!

Ich wollte einen passenden Titel für meine Botschaft wählen. Dann durchfuhr es mir wie Strom, ich wusste es: „Wir sind alle Zeitzeugen!

Wieso, was, warum, könnte man sich fragen. Wir reden über Zeitzeugen immer in dem Kontext von etwas, was schon längst war, etwas, was lange vergessen zu sein scheint, etwas, was von Bedeutsamkeit war. Wir vergessen jedoch ständig, dass wir selber Zeitzeugen sind – von dem, was jetzt ist. Wir kreieren jetzt die Wirklichkeit von morgen. Gerade in diesem Jahr, wo Sophie Scholls Geburtstag 100 Jahre her ist, sollte sich jeder die Fragen stellen:

  • Wovon bin ich Zeitzeuge?
  • Was gefällt mir in der Welt, so wie sie ist?
  • Was könnte ich verändern, wofür lohnt es sich zu kämpfen?

Was mich angeht: Ich bin Zeitzeugin von heute, ich gestalte die Welt aktiv mit. Ich bin aber auch Zeitzeugin von anderen Geschehnissen. Solche, die ca. 80 Jahre her sind. Solche, von denen ich eigentlich lieber nie gewusst hätte, da sie so grauenvoll sind. Allerdings solche, die meine eigene Geschichte, meine eigene Seele, meine eigenen Reaktionen und mein Verhalten viel besser erklären, als ich es je für möglich gehalten habe. Dieses Trauma, das mir persönlich nie widerfahren ist und trotzdem so präsent, so lebendig ist. Es gibt mittlerweile sogar viele Begriffe (Kriegsenkel etc.), viele Bücher wurden über das Thema veröffentlicht. Ob ich mich als Enkelin einer anderen Art von Kriegskind „Kriegsenkelin“ nennen kann, weiß ich nicht. Denn: Meine Oma ist Jüdin. Das, was ihr widerfahren ist, was viele Generationen ihren und damit meinen Vorfahren passiert ist, lebt auch in mir weiter, täglich werde ich mit diesem Erbe konfrontiert.

Nein, man sieht mir dieses Erbe nicht an. Ich trage auch keinen jüdischen Namen. Mein Vater wollte nicht, dass ich – wie ihm und Oma geschehen – mit Steinen beworfen werde.  Jedoch hatte mir mein Vater früh auf dem Weg die Erfahrung der Sepharden mitgegeben: „Was in deinem Kopf ist, kann dir keiner nehmen“. Sprich: Sei immer bereit zu fliehen, alles Materielle zu verlieren. Aber auch: „Erzähle nicht, dass du jüdische Vorfahren hast“.

Auch meine Oma hat mich nachhaltig geprägt. Ich bin genau wie sie hochsensibel, ich denke immer an die Menschen und sogar traurige (aber auch glückliche) Szenen in Filmen bringen mich zum Weinen. Ich bin aber auch (genau wie sie): Eine, die immer mindestens Plan A, B, C, D, E hat, damit alles immer vorbereitet ist, für den Fall der Fälle. Die 100% sichere Lösung haben will, und zwar so früh wie möglich – und daher wenig Geduld hat. Eine, die immer unter Strom ist.

Jetzt, selber Mutter, habe ich gesehen, wie dieses Verhalten automatisch weitergegeben wird – und angefangen, mich bewusst damit auseinander zu setzen.

Jetzt bin ich bewusst Zeitzeugin geworden – von all dem, was meiner Oma widerfahren ist. Sie hatte mir auch als Kind schon einige Momente erzählt, aber ich hatte sie tief in meinem Bewusstsein vergraben, sie kaum rausgeholt, da sie so schmerzhaft waren. Zum Beispiel, wie sie Zeitungen schwarz strichen und sie so auf den Fenstern anbrachten, dass von außen die Beleuchtung nicht sichtbar war, da die Juden immer wieder in ihren Häusern belästigt und schikaniert wurden.

Ich habe meinen Mut gesammelt und mit ihr gesprochen, da wir nur das, worüber wir wissen, verändern können. Es war nicht einfach, für sie nicht und für mich nicht. Viele Tränen haben wir vergossen. Ich habe Notizen geführt, viele Seiten geschrieben. Worum es geht? Hier ihre eigenen Worte:

Wir, die Kinder, auch wenn wir klein waren, erlebten alles mit – die Schikanen, die Sorgen, die Demütigungen, die mit Füßen getretene Menschenwürde, die präzedenzlos geraubten Menschenrechte – und weinten mit unseren Eltern, vor allem, als Gerüchte laut wurden, dass Juden in Vernichtungslager geschickt werden. Unsere Kindheit war nicht sorgenfrei und fröhlich. Sie wurde gnadenlos geraubt.

Ich spürte die Besorgnis meiner Eltern und lauschte dann ihren Gesprächen – auf Spanisch. Sie dachten, ich verstehe kein Spanisch, aber ich tat es… und versteckte mich hinter dem Kamin und weinte da allein. Wie kann sich ein Kind fühlen, wenn es sieht, dass die Eltern ständig weinen? Sie wussten nicht, dass ich über die Todeslager Bescheid weiß. Ich leide von diesem Trauma in meiner Seele auf Lebenszeit. Du siehst, wenn ich spreche, fange ich an zu weinen…

Danach kamen die Befehle für unsere Zwangsdeportation aus Sofia… In Viehwaggons für Pferde, wobei wir nicht wussten, wohin der Zug fuhr… Was soll ich sagen? Es wurde auch von den Todeslagern geredet. Drei Tage mussten wir an einer Stelle in den Viehwaggons bleiben, ohne aussteigen zu dürfen… Meine Schwester weinte immer wieder, dass sie Wasser wollte, und ich bemühte mich so sehr, ihr zu erklären, dass sie kein Wasser haben wollen dürfe, denn wenn Vater aussteigen würde, um welches zu füllen, würde er nicht lebend wiederkehren. Ich war sechs Jahre alt und sie war vier.

Ich erinnere mich an nichts anderes, nur an das – Angst, Stress, Weinen; das ist mir geblieben. Demütigungen!

Hier wollen sie oft Erzählungen von Erinnerungen in den Schulen oder bei anderen Veranstaltungen hören, um über den Holocaust zu sprechen. Ich meide das, weil mich das zu sehr zerrüttet. Ich meide es, Interviews zu diesem Thema zu geben, weil ich in Tränen ausbreche. Ich erlebe alles noch einmal. Das setzt mir zu. Ich habe diese erniedrigenden Umstände sehr schwer angenommen, ein Trauma ist in meinem Leben geblieben. Ich sage immer wieder ein Gedicht von Dimtscho Debeljanow, in dem steht:

„Wie traurig waren meine Kindheitstage!
Oh, wie viele Tränen versteckt, verborgen!
Und so viele schwarze Gedanken lasten auf mir,
dass ich mich an nichts erinnern möchte.“

Das hier, das sage ich, wenn ich gefragt werde.

Ich erlebe die Präsenz dieses Traumas in der Gegenwart mit, in ihr – und in mir. Ich weiß, sie wird definitiv nicht mehr darüber sprechen wollen.

Dafür kann ich das für sie übernehmen! Denn – dieses Trauma ist die eine Seite der Medaille. Und die andere? Sie ist die viel wichtigere Seite: ich bin genau wie Oma auf dieser Welt. Und das verdanken wir dem bulgarischen Volk.

Ich rede nicht von einzelnen Rettern, wie es in anderen Ländern gab. Ich rede von der bulgarischen Gesellschaft als Ganzes. In Bulgarien, als Land zwischen Orient und Okzident, sind viele Vertreter anderer Völker und Kulturen zu Hause, und zwar seit Jahrhunderten – Türken, Griechen, Armenier, Juden, Walachen, Pomaken, Tataren und viele, viele mehr. Alle leben friedlich miteinander als Teil der gemeinsamen Gesellschaft, bis auf Ausnahmen gab es und gibt es keine Ressentiments. Ein Beispiel für Weltoffenheit und Akzeptanz: Im Zentrum von Sofia sind Synagoge, Moschee und Kirche kaum 200m voneinander entfernt.

Daher war es nicht verwunderlich, dass der bulgarischen Bevölkerung das Verständnis fehlte, als z.B. die Pläne für ein „Gesetz zum Schutz der Nation“ (antijüdisch) bekannt wurden. Noch weniger war das Verständnis, als ihre Mitbürger im März 1943 zusammengetrieben wurden, da schon Details über die Todeslager bekannt waren. Massive Proteste brachen aus: sowohl von der breiten Gesellschaft, als auch von Politikern, geführt von dem Vize-Parlamentspräsidenten. Vertreter der orthodoxen Kirche haben sich für die Rettung der bulgarischen Juden eingesetzt, dem Zaren Boris III. wird auch eine wichtige Rolle zugeschrieben.

Ich weiß, das Thema ist relativ unbekannt außerhalb Bulgarien. Fakt ist jedoch: Die bulgarischen Juden wurden gerettet. Wie genau? Darüber kann ich auch gerne erzählen.

Denn:

Wir sind alle Zeitzeugen!

Jeder kann einen Beitrag leisten!


Text: Elisara

Grafik: Lalebi design dreams


Weltenbummeln und Vorurteile loswerden

Mit einer Portion Neugier, Wissensdurst und Abenteuerlust zu mehr Toleranz, Chancengleichheit und Frieden.

Ich bin der festen Überzeugung, dass das Reisen nicht nur Einblicke in fremde Kulturen und Bräuche bietet, sondern auch zu mehr Toleranz führen kann. Raus aus der Comfort Zone, über den eigenen Tellerrand schauen, hinein ins Leben.  

Diskriminierung, Antisemitismus und das Be- und Verurteilen von Menschen, die gegen den Strom schwimmen oder einfach ein komplett anderes Leben führen, nehmen leider mit großer Sorge stetig zu. Wie können wir Kindern und Jugendlichen andere Werte, Kulturen und Glaubenssätze näherbringen, ohne dabei zu urteilen? Vorurteilsfreie Begegnungen mit offenen Armen und gelebte Toleranz lassen sich u.a. im Reisen erfahren.


Text, Bilder: Sarah Poruks
Redaktion: Anni Velkova-Rehm


Umgang miteinander auf Augenhöhe

Mir liegt es am Herzen, dass bereits junge Menschen Toleranz und Verständnis gegenüber anderen Kulturen und Ethnien entwickeln können, damit es später nicht zu fremdfeindlichen Denkmustern kommen kann. Deswegen möchte ich an diesem schönen Projekt teilnehmen.

Mein Name ist Boris, ich bin 34 Jahre alt und seit 2013 lebe ich in Deutschland. Nach meinem erfolgreich abgeschlossenen Studium im Fach Elektrotechnik in Deutschland, arbeite ich nun in der IT-Abteilung der HSRW in Kleve.

 

Mein Lebensweg war kein „Königsweg“ – Erfahrungen habe ich nicht nur mit schwierigen Lebensbedingungen gesammelt, sondern auch im Kampf gegen Verurteile.

Darüber möchte ich erzählen, um zu sensibilisieren für einen Umgang miteinander auf Augenhöhe.

Gerne erzähle ich auch von meinem Heimatland Kamerun – Familie, Gesellschaft und all dem, was die SchülerInnen interessiert!


Text: Boris Kamdem
Redaktion: Anni Velkova-Rehm

Bild: Persönliches Archiv von Boris Kamdem


 

Auf dem Weg zu mehr Interreligiösem Dialog

Hassan Dabi

 

Nach vier Jahren Tätigkeit in der IT-Branche (bis 2014) habe ich mich entschieden, mich in einem komplett neuen Bereich beruflich zu entwickeln: als Sozialarbeiter/Pädagoge in der Flüchtlingsarbeit (2015 – 2017) und als interkultureller Coach und Berater beim Bildungsträger Neuss (seit 2019).

 

Was motiviert mich, an dem Projekt „BotschafterInnen der Vielfalt“ teilzunehmen?

Ich möchte gerne meine Kenntnisse – insbesondere im Bereich des Islams – vermitteln und meine vielfältigen Lebenserfahrungen teilen. Im Rahmen des Projekts „BotschafterInnen der Vielfalt“ erkenne ich die Gelegenheit, verschiedene Personen aller Religionen kennenzulernen und mich mit ihnen auszutauschen.

Offene Diskussionen und Dialoge zu Themen der Religion finde ich besonders spannend und wichtig, um Klarheit zu gewinnen und nicht zuletzt andere Meinungen zu erfahren.

Es ist wichtig über mich zu wissen, dass ich kein Islamgelehrter bin. Ich bin in einer normalen muslimischen Familie in Marokko geboren und aufgewachsen. Dazu gehört die für traditionell geprägte Muslime selbstverständliche religiöse Unterweisung meiner Kindheit in der Familie und manchmal auch in der Schule. Religiöse Erziehung geschieht indirekt dadurch, dass ich mich an islamischen Festen und Feiertagen beteilige und auch dass ich entsprechend Speise- und Reinigungsvorschriften des Islam praktiziere. Mit 14 habe ich mich intensiv mit dem Koran und auch mit Geschichte beschäftigt. Seit 30 Jahren lebe in Deutschland und praktiziere meine Religion ganz normal bzw. problemlos.

Ich glaube an „die Mitte und die Mäßigung“ und bin sehr offen für einen Dialog der Religionen.


Text: Hassan Dabi
Redaktion: Anni Velkova-Rehm

Bild: Persönliches Archiv von Hassan Dabi


Der Weg nach oben…!

 

Die Artikelüberschrift von einer Himalaya-Expedition wählte ich in meinen jugendlichen Jahren als Lebensmotto:

Für die mutigen führt der Weg immer nach oben!

 

 

Im sozialistischen Bulgarien geboren, von russischen LehrerInnen streng erzogen, hatte ich kurz nach der Wende mein erstes Studium in BWL abgeschlossen. „Mein Weg nach oben ist frei!“ – dachte ich mir. Aber es kam anders. Eine heftige Hyperinflation hatte das Leben in meiner Heimat sehr schwierig und unberechenbar gemacht. In Deutschland fand ich Zuflucht. Meine Vorstellungen über das kapitalistische Deutschland änderten sich um 180°. Ich habe Deutschland vor und nach der Einführung des Euro erlebt.

Demokratie ist keine Gegebenheit, jeder einzelne Bürger sollte sie tagtäglich aufrechterhalten.

In dem neuen Land lernte ich zuerst die Sprache, danach habe ich hart gearbeitet und dadurch mein zweites Studium in Mathematik finanziert. Kein leichter Weg und trotzdem hatte ich Erfolg, denn ich habe fest daran geglaubt:

Jemand, der ein Ziel vor Augen hat, kann alles erreichen!

Und auch wenn der Weg nach oben in Bulgarien – im ärmsten Land der EU – eine echte Herausforderung sein kann, gehöre ich zu den Glücklichen, deren beruflicher Weg von Erfolg gekrönt ist. Ich lebe zugleich meine Berufung und meine Liebe zur Mathematik: Auf eine Entdeckungsreise in der wunderschönen Mathematikwelt nehme ich jeden mit, der selber auf innovative Wege – durch dynamische Mathematik Software – mathematische Zusammenhänge finden möchte.

Meine Arbeit macht mir viel Spaß und ich glaube fest daran:

Jeder Beruf kann sehr spannend sein, wenn man sich zum Ziel setzt, jeden Tag sich zu verbessern!

Zurückblickend würde ich meinen Weg nach oben als ein Weg des Lernens und Lehrens bezeichnen. Sich unermüdlich weiterentwickeln und möglichst viel den anderen geben!

Und wie stellst Du Dir Deinen Weg nach oben vor?


Text, Screenshot: Maria Brauchle
Redaktion: Anna Velkova-Rehm

Bilder: Persönliches Archiv von Maria Brauchle


Der Mensch ist Anders –Jüdisch sein auch

 

Eliana

Der Mensch ist Anders
Jüdisch sein auch

 

 

Es ist die Eigenschaft jedes Einzelnen „Andros“ (Mensch) zu sein und deswegen anders. Wenn wir dieses „anders sein“ verleumden oder nicht mehr dulden, beginnen wir den Krieg.

 

50ger          Kinderzeit                 –                                  Was ist der Mensch?

Nur das genetische Produkt seiner Eltern, hineingeworfen in einen Ort und eine Zeit, die ihn formen und bestimmen, begrenzt von Zäunen und Mauern der Erwachsenen? Ist nicht jedes Kind schon direkt nach seiner Geburt einzigartig in seiner Person und hat nicht jedes Kind Erinnerungen und einen Traum, wer es ist und sein möchte? Meine Erinnerungen wurden mir mit 3 Jahren bewusst und reichen zurück auch in Zeiten vor meiner Zeit. Es war furchterregend was ich sah, ich schlug meinen Kopf gegen die Wand. Ich wollte lieber den Schmerz des Körpers spüren, als den der Seele. Der Mensch ist ganz von Anfang an bis heute, gebrochen in Generationen.

 

60ger          Jugendzeit                 –                                  Wer ist der Mensch?

Bin ich nicht die Nachfolge meiner Vorfahren, die VerInnerung ihrer Erlebnisse, Erfahrungen und Folge ihrer bitteren Erkenntnis. Warum hatte ich diese große Angst vor Gewalt und woher die übergroße Sehnsucht nach Freiheit? Die Welt erschien mir so dunkel und bedrohlich – immer wollte ich weg. Ich hatte Angst, große Angst vor diesen „Deutschen“ (Männern, Lehrern, Beamten, Polizisten, Soldaten), obwohl ich es doch selber war, geboren bei Münster, aufgewachsen am Niederrhein. Wer war ich, warum fühlte ich mich so fremd und so anders? Werde ich jemals die treffen, die so sind wie ich, werden sie mich erkennen und ich sie? Ja; es geschah das erste Mal mit 15 und dann immer wieder. Ich spielte Gitarre und sang hebräische und jiddische Lieder. Mit 18 zog ich nach Berlin, mit 19 eine lange Reise nach Israel, ein Land, das ich nicht kannte und wo ich doch zuhause war.

 

70ger          Studium                     –                                Liebe – Lohn – Profit

An der FU Berlin begann ich das Studium der Soziologie mit dem Schwerpunkt Wirtschafts- und Sozialstruktur, mein Diplom, eine Analyse zur Nichtbezahlung von Frauenarbeit, erschien als Buch „Liebe-Lohn-Profit, Man/Marx spricht nicht über Hausarbeit“. Zwar schafft das Studium Wissen, doch Wessen Wissen über Was, des patriarchalen Weltgeistes? Mit der Frauenbewegung suchte ich ein Zimmer für mich allein, um meine Gedanken von ihm zu befreien, sie brachte Demokratie.

 

80ger          Liebe                          –        Begegnung mit dem Anderen Selbst

Es war zur Zeit der Kirschen in einem kleinen Café. „Sind Sie allein?“ „Nein, ich bin immer mit mir zusammen!“, so begann die Begegnung mit dem komplett Anderen, ein so liebevoller Mann, dunkelbraune schöne Haut und so positiv und sanft und ich hatte gar keine Angst. Doch die Außenwelt war laut, sie beleidigte, sie diskriminierte, sanktionierte uns mit Beleidigungen, Benachteiligungen und Gesetzen und tut dies bis heute.

 

80ger            Arbeit                       –                          Vertrauen oder Kontrolle

Nach vier Jahren als Sozial- und Drogentherapeutin machte ich eine Zusatzausbildung in EDV und Finanzbuchhaltung. Ich begann als Controllerin bei einem Berliner Softwarehaus, gestaltete Programme zur Stundenerfassung und Projektkalkulation, Kundenmanagement und Einrichtung eines Profitcenters. Ich schrieb Gedichte und veröffentlichte sie auf Städtereisen in poetischen Performances und dem Buch „Und das Wasser gräbt sich unter die Steine…“.

 

80ger           Afrika                        –                   Globali- oder „Terrorisierung“

Ich reiste mit meinem Mann zwischen den Kontinenten, verschiffte Container mit Waren, und bauten ein Haus in Kumasi. Afrika war so ganz anders, als was in Europa gelehrt und erzählt wurde. Vor allem die Menschen, sie waren so anders und doch genauso wie überall. Ich erkannte die Abhängigkeit der afrikanischen Länder von der Dominanz der Alt-Kolonialstaaten, die zwar im 2. Weltkrieg ein Teil ihrer Macht über Afrika verloren hatten, doch bis heute sich nicht scheuen, durch wirtschaftlichen und militärischen Terror, Land und Märkte zurückzuerobern. Ich begriff nur langsam, welch große Vernichtung sie vierhundert Jahre lang über Afrika brachten.

 

90ger          Mutterzeit                  –                            Lehrerin oder Belehrte

1989 kam in Afrika meine Tochter zur Welt, die ich in Berlin aufzog. Das überwältigende Vertrauen des Kindes in Mutter und Vater, lehrt uns Eltern die Chance, G‘tt ähnlich zu werden. Dies können wir jedoch nicht, indem wir das Kind beherrschen und zu unserem Eigennutz formen, sondern wir müssen das Kindes in seiner Andersartigkeit erkennen, um es auf seinen eigenen Weg zu begleiten und zu beschützen. Meine Tochter lehrte mich nicht nur Geduld, sondern Vernunft, Vertrauen und die überraschende selbstlose Liebe.

 

90ger          Jüdisch sein               –                    Vertrauen oder Bestimmung

An was glaubt der Mensch oder an wen? Was sind die Werte, wer ist die Quelle deines Lebens. Durch die afrikanischen Menschen und ihrer Verbundenheit mit G‘tt wuchs auch mein Vertrauen zu dem EINEN, zu der einen Ursache allen Lebens, ihre Emanation in die Schöpfung der Welt. Das Bekenntnis zum jüdischen Glauben bedeutet das Lernen der „Unwichtigkeit des eigenen Egos“ und das Lernen der „Bedeutsamkeit des eigenen Tuns“ für den Nächsten, Anderen, den Fremden, die Umwelt und die Schöpfung. Dies führte mich in die jüdische Gemeinde, als Mitbegründerin der egalitären Synagoge „Beth-Or“ – Haus des Lichts, in der meine Tochter zur Bat Mizwa wurde.

 

90ger          Mit-Ein-Ander            –                      oder Inform-/Kommunikation

Das Softwarehaus wuchs und mir wurde das IT-Management und die internationale Vernetzung übertragen. Nach dem Verkauf an der Börse wurde die Firma durch Texas Instruments übernommen. Doch wohin entwickelte sich die immer perfekter werdende Vernetzung der Information und Kommunikation, dieses Baumes der Erkenntnis, etwa zu einem Pool von mehr Menschlichkeit und Frieden? Hat nicht diese Ballung von Informationen zur größten Anhäufung von Macht, zu mehr Verwirrung, Streit, Hass und Krieg geführt? Wenn der Mensch nur den Weg der Logik und des Nutzes geht und sein AndersSein leugnet, gibt es keinen Respekt und wahres Miteinander, der Baum des Lebens bleibt für ihn verschlossen.

 

2000der      Fairer Handel             –                        Markt oder Menschlichkeit

Kurz vor der Finanzkrise eröffnete ich einen Weltladen. Die Waren kamen von Einzelpersonen, welche Produkte ihrer Familien aus 100 verschiedenen Dörfern der Welt (Afrika, Asien, Südamerika) nach Berlin brachten. Jede Ware hatte ihre eigene Geschichte, jedes Produkt seine eigene Fantasie, jedes Ding seinen eigenen Geschmack und Geruch zum Liebhaben und dadurch einen besonderen Wert. Ein Wert, der durch die Entstehung und Erzählung bestimmt wurde und nicht durch Ausbeutung und Profit. Eine kleine Oase in der globalen Krise des sinnlosen Konsums.

 

2010ner     Fluch der Väter           –                                       Flucht der Kinder

Wie kommt es zum Krieg (ist die Gier nicht als Motivation darin enthalten)? Krieg kommt von kriegen, d.h. wegnehmen durch Zwang, Täuschung oder Betrug. Mittel des Krieges sind Verleumdung, Entrechtung, Kriminalisierung, Erniedrigung und die Sanktionierung durch Entziehung der Lebensgrundlagen Anderer (Menschen). Diese Mittel ermöglichen es den Kriegsführern, sich selbst im „Recht“ und den Anderen als „Nichtmensch“ zu sehen, um eigene Ausübung von Gewalt zu rechtfertigen. Es ist immer dasselbe Muster, jeder Krieg (auch der kleine persönliche) endet in Vergewaltigung, Mord und Vertreibung, die Folge ist die Flucht. Flüchtende zu diskriminieren ist ein großes Vergehen und gefährdet die allgemeinen Menschenrechte. Mit der Genfer Flüchtlingskonvention 1951/67, wurde die UNHCR von 148 Staaten damit beauftragt, weltweit Menschen, die auf der Flucht vor Verfolgung, Krieg und Gewalt sind, zu schützen und zu unterstützen: https://www.unhcr.org/


Text: Eliana

Bilder: Persönliches Archiv von Eliana


Ein Weg, geprägt von der Holocaustgeschichte, einer Kindheit im Proletariat, Lernhunger und Unternehmensfreude…

Ron Manheim

 

Ego sum

 

Kurzbiographie:

Geb. Jan. 1943 in Amsterdam, jüdischer Vater

Sept. 1943 Vater deportiert. Überlebte Auschwitz und Mauthausen; kam Juli 1945 zurück

Aufgewachsen in Armut, in einem Arbeiterviertel in Amsterdam

Lernte nach der Grundschule u.a. Französisch, Englisch und Deutsch

Ab 1960 Vorstandsmitglied einer Jugendorganisation, die sich u.a. für internationale Verständigung einsetzte

Durch großen Lernhunger brachte ich es 1962 zum Grundschullehrer

Durch Fernstudium 1973 Deutschlehrer

Dann: Studium Kunstgeschichte an der Uni Nimwegen

1985-1991 dort Dozent für Kunstgeschichte

1991-2008 Stellvertretender Direktor Museum Schloss Moyland

Seitdem freischaffender Rentner

2010 Initiative „Haus der Begegnung – Beth HaMifgash“

 

Sonstige Tätigkeiten und Interessen:

Freier Ausstellungskurator, freier Übersetzer (D>NL und NL>D), Autor

Jiddisch, Botanik, Politik, Geschichte, Literatur, Singen, Flöte spielen

 

Gesprächsthemen:

Was macht die Holocaustgeschichte mit einem Menschen, der überlebte, aber um den Tod zahlreicher naher Verwandter weiß?

Was macht lernen mit einem?

Was bedeutet die Kindheit im Proletariat für einen Akademiker?

Wie man durch Hilfe für andere geistig bereichert.


Text: Ron Manheim

Bilder: Persönliches Archiv von Ron Manheim


Do what you love. Be!

Hallo, mein Name ist Sarah, ich bin 37 Jahre jung, Full-Time Mama und lebe seit fast drei Jahren in Kleve. Ich bin Sozialpädagogin und habe viele Jahre in Österreich gearbeitet mit dem Schwerpunkt „Tiergestützte Intervention“. 

Als leidenschaftliche Weltenbummlerin durfte ich schon einige Länder bereisen und meinen Horizont erweitern.

 

Ja, es ist gar nicht so einfach, vorurteilsfrei fremden Menschen zu begegnen, besonders wenn man kulturell bedingt vielleicht ein ganz anderes Leben führt. Umso mehr ist es mir eine Herzensangelegenheit, von meinen Erfahrungen im Ausland zu berichten und denjenigen Mut zuzusprechen, die hinaus in die Welt Reisen und über sich hinauswachsen möchten.

Meine Botschaft: Travel. Live in the moment. Do what you love.  Love yourself. Be! 

„Wir müssen aufhören, einfach nur Menschen aus dem Fluss zu ziehen. Wir müssen FLUSSAUFWÄRTS gehen und herausfinden, warum sie hineinfallen.“

Desmond Tutu

Text: Sarah Poruks
Bilder: Sarah Poruks / persönliches Archiv von Sarah Poruks


Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg!

Von nichts kommt nichts!

Lukrez

Natürlich, der Weg zum Träume verwirklichen >>> ist nicht einfach, nicht gerade…

Meine erste Mission in Deutschland neben Studium und parallelem Arbeiten: Deutsch-Kenntnisse möglichst schnell auf Muttersprachler-Niveau bringen. Eine Überraschung dabei: Die Diskussion, ob Mütter arbeiten oder doch Hausfrauen bleiben sollten… Jahre später hat mir einer meiner persönlichen BotschafterInnen der Vielfalt (ein Deutscher, dessen Offenheit und Ehrlichkeit ich immer geschätzt habe) eröffnet, dass meine Karrieremöglichkeiten in Deutschland begrenzt seien, da ich zwei Nachteile hätte: Erstens, sei ich eine Ausländerin, und zweitens, eine Frau…

 

Man kann das so hinnehmen –
oder aber auch als Herausforderung annehmen!

 

Ich entschied mich für die zweite Option. Ich engagiere mich seit meinen Teenager-Jahren sozial, daher bin ich weiter den Weg der Kommunikation mit offenem Herzen, auf Augenhöhe und auf gegenseitigen Respekt basierend gegangen, mit FreundInnen (und Freude) „Wir für uns in Europa“>>> gegründet und viele Projekte leidenschaftlich gestaltet, um eine inklusive Gesellschaft, in der jeder seine eigenen Träume für das Wohl aller verwirklichen kann, zu errichten.

 

Ich würde mich freuen, wenn ich dazu beitragen kann, diese Funken, die jede(r) in sich trägt, zum richtigen Entfachen zu bringen! Nur Mut, make things happen, make your dreams come true!

 

Wie man in Deutschland sagt:  

„Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg“!


Text, Bilder: Svetlana Buhlmann